Ohne Sicherheit ist alles nichts

31. Januar 2011 Meinungen

Die Schweizer Armee kämpft um ihr Ansehen. Die Wirtschaft sollte dabei eines nicht vergessen: Die Armee ist nach wie vor die zentrale Sicherheitsproduzentin unseres Landes.

In den Ranglisten der schweizerischen Standortstärken liegen die Faktoren Sicherheit und Stabilität seit jeher auf den vorderen Plätzen. Ausdrücklich werden bei den entsprechenden Umfragen vor allem die politischen, sozialen und – neuerdings besonders prominent – finanziellen Verhältnisse angesprochen, weil hier die Unterschiede zu vergleichbaren Staaten besonders ausgeprägt sind. Die Sicherheit im Sinne der Abwehr von interner und externer Gewalt und der Gewährleistung der schweizerischen Unabhängigkeit wird weniger thematisiert, obwohl sie das Fundament eines gut funktionierenden Staats ist.

Sicherheit wird oft als gegeben vorausgesetzt
Auch bei manchen Vertretern der Wirtschaft geniessen sicherheitspolitische Fragen nicht die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich verdienen. Seit dem Wegfall der konkreten Bedrohungserfahrung des Kalten Kriegs wird Sicherheit zu oft als gegeben vorausgesetzt und zu wenig als – international gesehen – nach wie vor knappes Gut betrachtet. Die Erwartung einer «Friedensdividende» nach dem Fall des Eisernen Vorhangs verstellte den Blick für die verbleibenden und neu auftauchenden Sicherheitsrisiken, die überdies viel schwieriger zu identifizieren waren und sind, als die Panzer des Warschauer-Pakts. Nine-Eleven sowie die zahlreichen Terroranschläge der letzten Jahre führten uns zwar die unmittelbaren Gefahren des gewaltbereiten politischen Extremismus vor Augen. Eine vertiefte und vor allem breite sicherheitspolitische Diskussion wurde dadurch aber nicht ausgelöst.

Die Folgen dieser Entwicklung sind heute vor allem bei den Auseinandersetzungen um den Auftrag, die Aufstellung und die Ausrüstung der Armee zu besichtigen. Die Armee kann nicht mehr auf jenen breiten sicherheitspolitischen Konsens zählen, der sie bis in die 80er-Jahre getragen hatte. Nachdem sie bei zahlreichen Entlastungsprogrammen grosse Sparbeiträge geleistet hat, wird sie nun zwischen weitreichenden Aufträgen und ungenügenden Mitteln zerrissen und stösst in diesem Dilemma auf wenig Verständnis in der Öffentlichkeit. Im Gegenteil: Man lässt die Armee im Saft der sicherheitspolitischen Defizite schmoren und gibt sie der Lächerlichkeit vorhersehbarer Pannen preis. Das beschädigt natürlich auch ihr Ansehen bei den Unternehmen, für welche die Verbindung von militärischen und beruflichen Karrieren ohnehin nicht mehr so selbstverständlich ist, wie sie das einmal war.

Armee braucht auch personelle Ressourcen
Angesicht der drohenden Marginalisierung der Armee muss sich die Wirtschaft wieder ihrer elementaren Sicherheitsinteressen bewusst werden und nach dem Leistungsvermögen der schweizerischen Sicherheitskräfte fragen. Dann wird sie feststellen, dass anspruchsvolle oder langanhaltende Abwehr-, Sicherungs- und Rettungsaufgaben auch unterhalb der Kriegsschwelle nur von der Armee bewältigt werden können. Sie ist mit ihren (noch vorhandenen) Mitteln die Sicherheitsproduzentin «of last resort» dieses Lands, um die sich die Wirtschaft kümmern und die sie auch mit personellen Ressourcen ausstatten muss. Auch wenn Sicherheit für die Wirtschaft nicht alles ist, ist doch ohne Sicherheit auch für die Wirtschaft alles nichts!