Gesetzliche Mindestlöhne für Hausangestellte: Unbegründet und zu hoch

21. Oktober 2010 News

Der Bundesrat hat für Arbeitnehmende in der Hauswirtschaft einen Normalarbeitsvertrag mit zwingenden Mindestlöhnen erlassen. Nach Auffassung des Schweizerischen Arbeitgeberverbands sind die gesetzlichen Voraussetzungen hierzu nicht erfüllt und die vorgeschriebenen Mindestlöhne zu hoch. Der bundesrätliche Entscheid darf auf keinen Fall als Präjudiz für ähnliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt gewertet werden.

Der Bundesrat hat am 20. Oktober 2010 die Verordnung über den Normalarbeitsvertrag für Arbeitnehmende in der Hauswirtschaft (NAV Hauswirtschaft) verabschiedet. Er wendet damit zum ersten Mal Artikel 360a des Obligationenrechts (OR) an, der Teil der flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr ist. Der NAV Hauswirtschaft wird am 1. Januar 2011 in Kraft treten und bis zum 31. Dezember 2013 in der ganzen Schweiz mit Ausnahme von Genf gelten.

Mangelnder Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen
Der Bundesrat folgt mit seinem Entscheid einem Antrag der tripartiten Kommission des Bundes zum Vollzug der flankierenden Massnahmen im Rahmen der Personenfreizügigkeit (TPK Bund). Sie kam aufgrund einer statistischen Analyse zum Schluss, dass die branchenüblichen Löhne in der Hauswirtschaft oftmals deutlich unterschritten werden. Zudem deuteten Beobachtungen aus den Kantonen darauf hin, dass vermehrt Personen aus den Tieflohn-Ländern der EU-Osterweiterung in privaten schweizerischen Haushalten angestellt würden.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hält demgegenüber die vorliegenden Sachverhalts-Feststellungen nicht für ausreichend, um die Voraussetzungen für den Erlass eines NAV mit Mindestlöhnen gemäss Art.360a OR als erfüllt zu betrachten. Diese Bestimmung fordert nämlich den klaren Nachweis, dass innerhalb der Hauswirtschaft die orts- und berufs- oder branchenüblichen Löhne wiederholt in missbräuchlicher Weise unterboten wurden. Nach Auffassung des SAV vermag die statistische Analyse wegen ihrer dünnen Datenbasis und der geringen Zahl der berechneten Lohnunterschreitungen den geforderten Nachweis nicht zu leisten. Zudem können einzelne Beobachtungen bzw. Befürchtungen der Kantone die Nachweislücke nicht füllen.

Zu hohe Mindestlöhne
Der NAV enthält drei verschiedene Mindestlohnansätze, welche nach der Qualifikation der Arbeitnehmenden abgestuft sind. Für ungelernte Angestellte ohne Berufserfahrung beträgt der Brutto-Mindestlohn 18.20 Franken pro Stunde. Für ungelernte Angestellte, die über vier Jahre Berufserfahrung in der Hauswirtschaft verfügen, wurde der Brutto-Lohn auf 20 Franken pro Stunde festgesetzt. Gelernte Hausangestellte mit einer dreijährigen beruflichen Grundbildung und einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) erzielen einen minimalen Stundenlohn von 22 Franken und gelernte Hausangestellte mit einer zweijährigen Berufsbildung mit einem Berufsattest (EBA) 20 Franken pro Stunde.

Nach Meinung des SAV sind diese Mindestlohnansätze zu hoch, zumal sie einheitlich für die ganze Schweiz gelten und so die erheblichen Differenzen zwischen dem Lohnniveau der verschiedenen Regionen ausblenden. Weil die Festlegung zwingender Mindestlöhne ein Instrument zur Verhinderung von Missbräuchen ist, sollte zudem ein genügender Abstand zu den von den Sozialpartnern in ähnlichen Branchen ausgehandelten Löhnen gewahrt sein; dies ist jedoch mit den vom Bundesrat  bestimmten Ansätzen nicht der Fall.

Kein Präjudiz für weitere gesetzliche Mindestlöhne
Der SAV legt Wert auf die Feststellung, dass der NAV Hauswirtschaft nicht als Präjudiz für weitere Normalarbeitsverträge im Rahmen der flankierenden Massnahmen gelten kann, weil es sich bei der Hauswirtschaft um eine besondere, amorphe «Branche» handelt. Neue NAV gemäss Art. 360a OR dürfen nur erlassen werden, wenn im Sinne dieser Bestimmung die wiederholte und missbräuchliche Unterbietung der orts- und berufs- oder branchenüblichen Löhne zweifelsfrei und eindeutig nachgewiesen ist.
Ausserhalb der flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr lehnt der SAV gesetzliche Mindestlöhne strikte ab. Er wird deshalb auch die einschlägigen Initiativen der Gewerkschaften und Linksparteien entschieden bekämpfen.