Lohnrunde: Dezentrale Verhandlungen bewähren sich

26. August 2011 News

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die ihm angeschlossenen Verbände fordern Lohnerhöhungen von zwei bis drei Prozent, mindestens aber 100 Franken pro Monat plus Ausgleich der Teuerung. Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband ist die Lohnrunde 2012 von grossen wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägt – wegen des steigenden Frankenkurses, der kritischen globalen konjunkturellen Entwicklung und der Schuldensituation in vielen Ländern. Die Lohnabschlüsse müssen daher den unterschiedlichen Voraussetzungen der Branchen und Betriebe Rechnung tragen.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die angeschlossenen Verbände Unia, VPOD (Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste), SBPV (Schweizerischer Bankpersonalverband) und SEV (Gewerkschaft des Verkehrspersonals) fordern für das Jahr 2012 generelle Lohnerhöhungen von zwei bis drei Prozent, mindestens aber 100 Franken pro Monat plus Ausgleich der Teuerung. Die Lohnerhöhungen sollen generell erfolgen. Einmalzahlungen werden abgelehnt. Sie gehen dabei von einer gut laufenden Wirtschaft mit gefüllten Auftragsbüchern aus. Der starke Franken sei für die diesjährigen Lohnverhandlungen über weite Strecken nicht relevant und spiele nur in wenigen Branchen eine Rolle; vielmehr werde er heute als faule Ausrede gebraucht. Auch Bund, Kantone und Gemeinden könnten Milliarden-Überschüsse verbuchen.

Grosse Unsicherheiten und unterschiedliche Voraussetzungen
Aus der Sicht des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) sind die Aussichten für das kommende Jahr von ausserordentlich grossen Unsicherheiten geprägt. Insbesondere die Exportindustrie ist von der Wechselkursentwicklung und vom aufgewerteten Franken stark betroffen. Praktisch alle Konjunkturprognosen gehen mittlerweile von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums für 2012 aus. Die vorauslaufenden Konjunkturindikatoren bestätigen diese Abschwächungstendenz in der Schweiz. Die Entwicklung der vergangenen Wochen hat die Unsicherheiten für die Unternehmen noch verschärft. Die Entwicklung an der Währungsfront könnte – je nach Dauer der Frankenhausse – mittelfristig auch die Binnenwirtschaft treffen. Auch gemäss der Schweizerischen Nationalbank haben sich die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft deutlich verschlechtert.

Pauschale Forderungen zu Lohnerhöhungen sind deshalb abzulehnen. Die Unternehmen sehen sich mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen konfrontiert und müssen entsprechend unterschiedliche lohnpolitische Instrumente anwenden. Raum für Lohnerhöhungen haben Betriebe, die von einem guten Geschäftsgang profitieren und dies auch für die Zukunft erwarten können. Unternehmen, die für 2012 pessimistisch sind, können die Mitarbeitenden mit Einmalzahlungen am Erfolg des laufenden Jahres teilhaben lassen – ohne die Kostenstrukturen in unsicheren Zeiten dauerhaft erhöhen zu müssen. Unternehmen, die von der Frankenstärke besonders betroffen sind, verfügen gegenwärtig kaum über lohnpolitischen Spielraum.

Dezentrale Lohnfindung erweist sich erneut als Stärke
Generelle Aussagen zur Lohnrunde 2012 sind nicht möglich. Die Lohnverhandlungen werden sehr unterschiedlich ausfallen. Die Spanne der Lohnabschlüsse wird für das nächste Jahr unter den gegebenen Umständen auch innerhalb der Branchen breit sein. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Frage, ob die Unternehmen vom starken Franken betroffen sind. Gerade mit Blick auf die aktuellen Unsicherheiten ist es ein Vorteil, dass die Lohnfindung in der Schweiz dezentral stattfindet. Das ermöglicht Abschlüsse, die der jeweiligen Lage der Unternehmen Rechnung tragen.

Die Feststellung der Gewerkschaften, die öffentliche Hand weise grosse Überschüsse aus und könne deshalb grosszügige Lohnerhöhungen gewähren, zeigt deutlich, dass sie sich an der Vergangenheit orientieren. Die Lohnverhandlungen weisen jedoch in die Zukunft und legen fest, welche Löhne im kommenden Jahr bezahlt werden. Entsprechend gilt es auch, die wirtschaftlichen Aussichten zu berücksichtigen.