Nehmen die Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr?

24. April 2015 Meinungen

Seit einigen Jahren macht der Begriff «Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen» (Corporate Social Responsibility bzw. CSR) die Runde. In der Schweiz und im Ausland wird er immer wichtiger. Mehrere internationale Organisationen (UNO, OECD, Internationale Arbeitsorganisation) haben Richtlinien erlassen und Programme entwickelt, die die Unternehmen dazu auffordern, ein verantwortungsvolles Verhalten an den Tag zu legen, bei dem Profitmaximierung und das Interesse der Gemeinschaft unter einen Hut gebracht werden.

Auch die Schweiz ist von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Anfang April hat der Bundesrat unter dem Titel «Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen» einen Bericht veröffentlicht, der über dessen Haltung in dieser Sache und die Strategie, die er anwenden will, Auskunft gibt. Die Regierung versteht CSR als «die gesellschaftliche Verantwortung der Unter­nehmen für die Auswirkungen der unternehmerischen Tätigkeiten auf Gesellschaft und Umwelt». Diese bewusst vage gehaltene Definition umfasst eine breite Palette von Themen, darunter etwa die Arbeitsbedingungen (inkl. den Gesundheitsschutz), die Menschenrechte, den Umweltschutz, die Prävention der Korruption, den fairen Wettbewerb und die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten.

Nach Ansicht des Bundesrats weist CSR mehrere positive Aspekte auf, die nicht nur zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen (die im Grundsatz in der Bundesverfassung festgehalten ist), sondern auch zur Wettbewerbsfähigkeit und Überlebensfähigkeit der Unternehmen. Darüber hinaus wirkt sich CSR positiv auf das Verhalten der Konsumenten und Investoren aus. Der Bundesrat erwartet von den Unternehmen folglich, dass sie ihre gesellschaftliche Verant­wortung wahrnehmen.

 

Die Schweizer Unternehmen nehmen bereits heute ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr, oft freiwillig und ohne grosses Aufhebens.

Und weil der Bundesrat den Worten auch Taten folgen lassen will, hat er einen Aktionsplan 2015–2019 ausgearbeitet, mit dem CSR gefördert werden soll. Der Aktionsplan basiert einerseits auf Sensibilisierung (Information über die Standards und die Instrumente in Bezug auf CSR), andererseits auf der Unterstützung der Unternehmen (mittels Dialogforen und Ausbildungen).

Man kann diese Strategie, in der sich der Bund darauf beschränkt, Anreize zu setzen, nur unterstützen. Im Klartext: Da CSR per Definition eine Aufgabe ist, die von den Unternehmen freiwillig wahrgenommen wird, informiert, sensibilisiert und ermutigt der Staat zwar, verpflichtet die Unternehmen aber nicht dazu, sich über deren gesetzliche Verpflichtungen hinaus zu engagieren. Unverhältnismässige Kosten entstehen so keine.

Muss man deswegen auch die berühmte Aussage von Milton Friedman unterschreiben, gemäss der «die einzige soziale Verpflichtung der Unternehmen darin besteht, ihre Gewinne zu steigern»? Natürlich nicht. In der jüngsten Vergangenheit haben Globalisierung, technischer Fortschritt und Umweltanforderungen neue ethische Fragestellungen aufgeworfen, denen sich die Unternehmen nicht entziehen können.

Es darf festgehalten werden, dass die Schweizer Unternehmen bereits heute ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, oft freiwillig und ohne grosses Aufhebens. Lehrlinge ausbilden, gute Arbeitsbedingungen anbieten, die Work-Life-Balance mit flexiblen Arbeitszeiten fördern – das alles zeugt vom Engagement für die Gemeinschaft.

Dasselbe lässt sich von den Wirtschaftsverbänden sagen. Als Beweis sei an dieser Stelle die Plattform «Compasso» genannt, die unter der Schirmherrschaft des Schweizerischen Arbeitgeberverbands Unternehmen bei der beruflichen Eingliederung und im Umgang mit Mitarbeitenden unterstützt, die krankheitsbedingt eine veränderte Leistungsfähigkeit zeigen.