Reform der Altersvorsorge: Wirtschaft lanciert Lösungsvorschlag für sichere Renten

25. März 2014 Medienmitteilungen

Das erfolgreiche Schweizer System der Altersvorsorge wird aufgrund der demografischen Veränderungen ohne rechtzeitige Reformmassnahmen bald nicht mehr finanzierbar sein. Die Wirtschaft unterbreitet deshalb dem Bundesrat in ihrer Vernehmlassungsantwort einen konstruktiven Lösungsvorschlag – mit dem Ziel, das Rentenniveau zu halten. Statt mit einem überladenen Gesamtpaket alles auf eine Karte zu setzen, ist eine Gesamtschau mit verdaubaren Portionen und klaren Prioritäten nötig.

Die Reform der Altersvorsorge stellt eine der grossen gesellschafts- und sozialpolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Es gilt, das in den letzten Jahrzehnten erfolgreich aufgebaute und bewährte System der Altersvorsorge mit Blick auf die alternde Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Die Wirtschaft – der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV), economiesuisse und mit ihnen alle wichtigen Branchenverbände, zahlreiche Handels- und Industrievereine sowie diverse bedeutende Unternehmen – unterstützt die bundesrätliche Gesamtschau der ersten und der zweiten Säule. Dezidiert und geschlossen Nein sagt sie aber zum Gesamtpaket des Bundesrats, wie Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, an einer Medienkonferenz betonte: «Es ist komplett überladen, zu teuer und weder für den einzelnen Bürger noch für die Wirtschaft tragbar.»

Weshalb dem so ist, rechnete SAV-Direktor Roland A. Müller an einem fiktiven Beispiel vor: Ein Rentner-Ehepaar mit monatlich 4700 Franken Rente hätte einen Einkommensverlust von über 200 Franken einzustecken, wenn das Massnahmenpaket vollständig umgesetzt würde. «Damit riskiert der Bundesrat, dass die Vorlage spätestens in der Volksabstimmung scheitert, wenn sie nicht schon im Parlament auf der Strecke bleibt», so Müller. Die Wirtschaft ist nicht bereit, dieses Risiko eines Totalabsturzes einzugehen und wertvolle Jahre in eine Reform zu investieren, deren Erfolgsaussichten von Vornherein minim sind. Für solche Spielchen ist der Handlungsbedarf zu dringend: Angesichts der demografischen Entwicklung müssen in der AHV in den nächsten Jahren Mehreinnahmen und Einsparungen in Milliardenhöhe erzielt werden. In der zweiten Säule sind die Renten aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und sinkender Renditen mit dem aktuellen Mindestumwandlungssatz künftig nicht mehr finanzierbar.

Weniger Massnahmen rascher umsetzen
Auch für Heinz Karrer, economiesuisse-Präsident, ist klar: «Aufgrund der absehbar schwierigen finanziellen Entwicklung ist es unabdingbar, dass gehandelt wird.» Deshalb nehme die Wirtschaft ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahr und wolle einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der wichtigsten Sozialwerke des Landes leisten. Das Ziel: Trotz der finanziellen Herausforderung soll ein Leistungsabbau bei den Altersrenten verhindert werden. Die konkrete Forderung legte Roland A. Müller vor den Medien auf den Tisch: ein schrittweises und vom jeweiligen Finanzierungsbedarf abhängiges Vorgehen mit einer klaren Priorisierung und Portionierung der überdimensionierten Vernehmlassungsvorlage.

In erster Priorität sind zwei parallele Kernvorlagen zu beraten: Die erste umfasst die Anhebung des Referenz-Rentenalters auf 65 Jahre für beide Geschlechter, die Flexibilisierung des Rentenbezugs zwischen 62 und 70 Jahren, die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV um maximal 0,6 Prozent sowie die Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6,0 Prozent. Letzteres erfolgt mit verhältnismässigen Kompensationsmassnahmen wie höheren Altersgutschriften oder der Beitragspflicht ab Alter 21. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer muss zudem mit derjenigen des Referenz-Rentenalters einhergehen. Damit kann gemäss Roland A. Müller das heutige Rentenniveau für die nächsten zehn Jahre garantiert werden.

Die zweite Kernvorlage umfasst einen Stabilisierungsmechanismus für die AHV, der im Fall einer drohenden finanziellen Schieflage des Sozialwerks künftig rechtzeitig Massnahmen vorsieht. Hier schlägt die Wirtschaft eine weitere schrittweise Erhöhung des Referenz-Rentenalters um maximal 24 Monate sowie daran gekoppelt nochmals 0,4 Mehrwertsteuer-Prozente Zusatzeinnahmen vor. Damit leisten sämtliche Bevölkerungsschichten und die Wirtschaft einen angemessenen Beitrag – statt den Rentnerinnen und Rentnern durch ein Aussetzen des Mischindexes ans Portemonnaie zu gehen, wie dies der Bundesrat vorschlägt. Die Erhöhung des Referenz-Rentenalters über 65 Jahre hinaus erfolgt zudem erst dann, wenn der Arbeitsmarkt die entsprechenden Arbeitskräfte aufnehmen kann. Sowohl diese Stabilisierungsregel als auch die erste Kernvorlage sollen noch in diesem Jahr dem Parlament unterbreitet werden, damit sie 2018 in Kraft treten können.

Höheres Rentenalter ist längerfristig unumgänglich
Wie die Wirtschaftsverbände weiter darlegten, können heute nicht sämtliche Probleme in der Altersvorsorge sozusagen auf Vorrat gelöst werden. Vielmehr seien ab 2020 in Abhängigkeit des Handlungsbedarfs zusätzliche separate Reformschritte einzuleiten. «Weitergehende leistungsseitige Massnahmen sind längerfristig unvermeidbar. Das Thema Rentenalter-Erhöhung darf deshalb kein Tabu sein», erklärte Heinz Karrer mit Verweis auf die heute deutlich höhere Restlebenserwartung der Rentner als noch bei der Einführung der AHV 1948.

Der Ball liegt jetzt beim Bundesrat: «Er hat das Resultat der Vernehmlassung ernst zu nehmen und das Gesamtpaket so umzubauen, dass die sinnvolle Gesamtschau eine echte Chance für tragfähige Lösungen bietet, forderte Valentin Vogt. «Tut er dies nicht, wird sich die Wirtschaft auf die Realisierung einzelner unumgänglicher Schritte konzentrieren.»

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