Nationalrat ebnet Weg für erfolgreiche Rentenreform

29. September 2016 News

Mit der Verabschiedung einer Stabilisierungsregel für die AHV, einem klaren Bekenntnis zum Erhalt des aktuellen Rentenniveaus trotz grosser demografischer Herausforderung, aber ohne Verknüpfung von AHV und Pensionskassen, hat der Nationalrat die Weichen für eine tragfähige Rentenreform gestellt. Doch das Gesamtpaket ist nach wie vor überladen und die Absturzgefahr noch nicht gebannt.

In der Reform der Altersvorsorge 2020 sind sich National- und Ständerat in wichtigen Punkten einig. Das Referenzalter zur Pensionierung soll für Frau und Mann auf 65 Jahre angesetzt und der Rentenbezug flexibilisiert werden. Zurecht will der Nationalrat zur Finanzierung der strukturellen Deckungslücke in der AHV die Mehrwertsteuer um 0,6 Prozentpunkte erhöhen. Falls die zudem verabschiedete Stabilisierungsregel dereinst zur Anwendung kommt, sind zum einen weitere 0,4 Prozentpunkte vorgesehen. Zum andern könnte der Bundesrat das Referenzalter schrittweise um maximal 24 Monate anheben. Beide Massnahmen setzen voraus, dass die Politik zuvor keine Reformmassnahmen beschliesst. Das Referenzalter und die Mehrwertsteuer würden aufgrund der aktuellen Projektionen des Bundesrats nicht vor 2033 ansteigen. Bis 2036 – heute in zwanzig Jahren – könnte sich das Referenzalter für Frau und Mann schrittweise auf 66 Jahre erhöhen.

Der Nationalrat hat somit ein schlüssiges Konzept einer Stabilisierungsregel für die AHV beschlossen, mit der sich die kleine Kammer nun vertieft beschäftigen wird. Da der Nationalrat die Stabilisierungsregel in einem separaten Beschluss gefasst hat, könnte der Ständerat auf diese Linie einschwenken. Ein solcher Schritt würde aus Sicht des Schweizerischen Arbeitgeberverbands nicht erstaunen, da der Ständerat in seinem unfertigen Modell einer Stabilisierungsregel auf halber Strecke stehen geblieben war.

Wie zuvor der Ständerat hat der Nationalrat bei der beruflichen Vorsorge eingesehen, dass der Mindestumwandlungssatz auf 6,0% gesenkt werden muss. Auch der Nationalrat will das aktuelle Rentenniveau grundsätzlich erhalten, wozu eine ausreichende Kompensation notwendig ist. Im Unterschied zum Ständerat setzt er dabei aber zurecht auf ein Modell, das die Kompensation innerhalb der beruflichen Vorsorge vorsieht. Die für die umlagefinanzierte AHV strukturell verheerend wirkende Erhöhung der AHV-Neurenten um 70 Franken lehnt die grosse Kammer konsequenterweise ab. Nach dem deutlichen Abstimmungsresultat zur Initiative AHVplus war dieser Entscheid zu erwarten.

Im Urteil der Arbeitgeber zeichnet der Nationalrat den Weg zu einer ausgewogenen Lösung vor. Im Differenzbereinigungsverfahren gilt es nun auszumarchen, wie diese Kompensation ausgestaltet sein soll und wie viel sie kosten wird. Beiden Räten bleibt dabei genügend Spielraum, sich auf ein tragfähiges Kompensationsmodell zu einigen. Klar ist: Dieser Weg wird auch das Vertrauen der jungen Generation in die Altersvorsorge stärken. Denn in der ersten Säule finanzieren sie derzeit ein AHV-Rentenniveau, das aus ihrer Sicht wegen einer nachwachsenden Generation, die zahlenmässig kleiner ausfällt, langfristig alles andere als gesichert ist. In der zweiten Säule sparen sie hingegen über ihre Lohnbeiträge – welche die Arbeitgeber mindestens verdoppeln – ein individuelles Alterskapital bei der jeweiligen Pensionskasse an. Im Unterschied zum AHV-Versprechen handelt es sich dabei nicht um einen ungedeckten Check.

Durchzogen fällt die Bilanz zu weiteren Fragen aus, darunter die Streichung der Witwenrenten oder die Anpassung der Kinderrenten. Selbst wenn Sachargumente dafür sprechen dürften, gilt es aus Sicht des Arbeitgeberverbands gut abzuwägen, ob solche Elemente mit Blick auf die Volksabstimmung über das Gesamtpaket sinnvoll sind. Schliesslich tritt man mit dem Versprechen an, mit der Reform das gegenwärtige Rentenniveau zu erhalten und gleichzeitig die demografische Alterung zu schultern.