Katzenjammer in der beruflichen Vorsorge – BVG-Kommission muss über die Bücher

13. März 2015 Meinungen

Nach der Aufhebung der Frankenuntergrenze durch die Schweizerische Nationalbank herrscht in der beruflichen Vorsorge Katzenjammer. Die Schuldigen sind schnell gefunden: ungehörige Regulierungen, falsche Parameter, die Mühlen der Gesetzgebung,… Die Liste der Klagen aus den Kreisen der beruflichen Vorsorge liesse sich beliebig verlängern. Verständlich. Doch müssen sich die Exponenten der Branche selber an der Nase nehmen. Zusammen mit den Vertretern der Wirtschaft stellen sie eine klare Mehrheit in der BVG-Kommission. Mit Mehrheitsbeschluss aber hat die Kommission letzten Herbst dem Bundesrat empfohlen, für 2015 einen schon aus damaliger Sicht zu hohen Mindestzins festzulegen.

Kürzlich forderte Werner Enz in der NZZ den Bundesrat auf, den aktuellen Mindestzins von 1,75 Prozent zu überdenken. Es wäre nicht verkehrt, wenn die falsch gesetzten BVG-Parameter – Mindestumwandlungssatz und Mindestzins – korrigiert oder aus der Welt geschafft würden. Enz ist zweifellos beizupflichten. Nur: Weshalb nutzte die mehrheitlich aus Vertretern der beruflichen Vorsorge und Wirtschaftsvertretern zusammengesetzte BVG-Kommission letzten Herbst ihren Spielraum nicht, als sie dem Bundesrat empfahl, den Mindestzins bei 1,75 Prozent zu belassen? Wäre es nicht genau ihr gesetzlicher Auftrag gewesen, einen realistischen Mindestzins vorzuschlagen? Traditionsgemäss folgt der Bundesrat der Empfehlung der BVG-Kommission, wenn er den Mindestzins jeweils gegen Ende Jahr definitiv beschliesst. Zu Recht vertraut er darauf, für die Vorbereitung dieser Entscheidung eine Expertenkommission eingesetzt zu haben.

 

Der Schweizerische Arbeitgeberverband warnte davor, angesichts der unsicheren geopolitischen und konjunkturellen Aussichten in Europa und den entsprechenden Auswirkungen auf die Schweiz für einen so hohen Mindestzinssatz zu votieren.

Die Fakten lagen damals auf dem Tisch, sie lassen sich auch in den entsprechenden Mitteilungen nachlesen: Die seit Jahren indikativ verwendete BVG-Formel verlangte spätestens per 2015 eine Senkung des Mindestzinses auf 1,5 Prozent. Gab es irgendwelche sachlichen Argumente, welche für einen «Zuschlag» und damit für einen Mindestzins von 1,75 Prozent sprachen? Nein. Der Schweizerische Arbeitgeberverband warnte davor, angesichts der unsicheren geopolitischen und konjunkturellen Aussichten in Europa und den entsprechenden Auswirkungen auf die Schweiz für einen so hohen Mindestzinssatz zu votieren. Der Warnschuss der Arbeitgeber ist umso nachvollziehbarer, als es sich beim Mindestzins um eine minimale Vorgabe für die Pensionskassen handelt. Wer finanziell besser dasteht, kann und soll seinen Destinatären selbstverständlich einen höheren Mindestzins bezahlen.

Die Arbeitgeber bekennen sich zu einer guten und stabilen beruflichen Vorsorge. Ihr Engagement ist – nicht nur, aber auch – finanziell enorm. Viele von ihnen stehen schon ohne Mehrbelastung durch die berufliche Vorsorge wirtschaftlich unter Druck. Als Arbeitgeber darf man denn auch mit Fug erwarten, dass eine Expertenkommission realistische und sachliche Entscheide fällt. Bleibt zu hoffen, dass die BVG-Kommission aus ihrer unglücklichen Empfehlung letztes Jahr wenigstens die Lehren zieht.