Jahresgewinne von AHV und IV überdecken Strukturprobleme

28. März 2017 News

AHV und IV weisen für das Jahr 2016 dank erfreulicher Anlageergebnisse ein positives Resultat aus. Das Jahresergebnis täuscht jedoch darüber hinweg, dass sich die strukturellen Probleme der AHV weiter zuspitzen. Die IV wird nach dem Wegfall der Zusatzfinanzierung ohne zusätzliche Sanierungsmassnahmen erneut in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Die AHV weist gemäss compenswiss für 2016 ein positives Betriebsergebnis von 439 Millionen Franken aus. Dass sie kein Minus verzeichnet, verdankt die AHV dem sehr guten Anlageergebnis ihres Ausgleichsfonds von 1‘083 Millionen Franken, das in einem schwierigen Anlageumfeld erwirtschaftet wurde. Auf den zweiten Blick offenbaren sich jedoch die strukturellen Probleme der AHV: Im Jahr 2016 steht ein negatives Umlageergebnis von -766 Millionen Franken zu Buche. Dieses Defizit liegt 258 Millionen Franken höher als der vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) prognostizierte Wert von -508 Millionen Franken. Das BSV hatte erst für das Jahr 2019 mit einem so hohen Umlagedefizit gerechnet. Damit steht es um die AHV noch schlechter als erwartet.

Das Ungleichgewicht zwischen Beitragszahlern und Rentenbezügern hat sich demnach gegenüber dem Vorjahr weiter zugespitzt: Aufgrund der demografischen Entwicklung müssen immer weniger Beitragsleistende immer mehr Bezüger finanzieren. Dieser Trend wird wegen der steigenden Lebenserwartung weiter anhalten. Die Reform Altersvorsorge 2020, über die das Volk am 24. September 2017 abstimmt, würde das strukturelle Problem der AHV sogar zusätzlich verschärfen. Die Vorlage, die einen AHV-Ausbau von monatlich 70 Franken ausschliesslich für Neurentner vorsieht, wirkt quasi als Brandbeschleuniger.

Verfehlte Projektionen auch bei der IV
Dank des unerwartet guten Ergebnisses ihres Anlagefonds weist auch die IV für das Jahr 2016 eine positive Bilanz von 692 Millionen Franken aus. Mit 102 Millionen Franken liegt das Ergebnis aber ebenfalls spürbar unter den Projektionen des BSV von 794 Millionen Franken. Es ist deshalb fraglich, ob die IV tatsächlich auf Sanierungskurs liegt, wie der Bundesrat kürzlich bei der Botschaft zur IV-Weiterentwicklung bekräftigt hat. Die Landesregierung sieht keinen Handlungsbedarf, die IV mit Massnahmen aus der – seinerzeit gescheiterten – Revision 6b zu entlasten. Aufgrund der jüngsten Ergebnisse ist allerdings immer stärker zu bezweifeln, dass die IV ohne die Ende 2017 auslaufende Zusatzfinanzierung (Mehrwertsteuer und Schuldzinsübernahme durch Bund) weiter positive Umlageergebnisse erzielt.

Zweifelhafte Annahmen
Die Projektionen des BSV zu den Sozialversicherungen beruhen auf einer Reihe von Annahmen, die gerade auf der Einnahmenseite mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind. Die erwarteten Ausgaben können hingegen relativ zuverlässig beziffert werden. Sie weichen denn auch für 2016 nur unwesentlich vom effektiven Ergebnis ab. Der Schweizerische Arbeitgeberverband stuft die aktuellen Annahmen des BSV als sehr optimistisch ein. Namentlich die Entwicklung der Migration: Das BSV rechnet seit letztem Sommer mit einer wesentlich erhöhten jährlichen Nettozuwanderung von 60‘000 Personen bis 2030. Diese Zahl wurde 2016 zwar knapp erreicht, dürfte aber mitunter infolge der Umsetzung der Zuwanderungsinitiative sowie der Alterung in ganz Europa künftig tiefer ausfallen. Demnach würden die Ergebnisse für die beitragsfinanzierten Sozialversicherungen bereits mittelfristig deutlich schlechter ausfallen als prognostiziert.