Ja zur Reform der Altersvorsorge – aber in verdaubaren Portionen und mit klaren Prioritäten

31. Oktober 2013 Medienmitteilungen

Der Schweizerische Arbeitgeberverband fordert, dass die Reform der Altersvorsorge zügig und entschlossen angegangen wird. Damit das Rentenniveau gehalten werden kann und das Fuder nicht überladen wird, muss sie zudem in vernünftigen Portionen und mit klaren Prioritäten erfolgen. Bei den Massnahmen sollte die schrittweise Anpassung des Referenz-Rentenalters im Vordergrund stehen – und nicht eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Die demografische Entwicklung und die alternde Gesellschaft stellen für die Altersvorsorge eine grosse Herausforderung dar. Gemäss dem Bundesrat droht alleine bei der AHV bis ins Jahr 2030 ein finanzielles Loch von 9 Milliarden Franken – pro Jahr! Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) unterstützt deshalb den Bundesrat, welcher jetzt im Rahmen einer Gesamtschau der Altersvorsorge Massnahmen zur Sicherung der künftigen Altersrenten einleiten will. Anstelle einer «Mammutvorlage», die grosse Risiken birgt und Steuererhöhungen auf Vorrat erfordert, verlangt der SAV aber ein schritt-weises Vorgehen mit klaren Prioritäten, wie Direktor Roland A. Müller an der Medienkonferenz des SAV in Bern betonte.

Vorrangiges Ziel einer raschen Reform muss aus Arbeitgebersicht die Garantie sicherer Renten auf dem heutigen Leistungsniveau für die nächsten 10 bis 15 Jahre sein. Eine klare Priorisierung und Portionierung der Vorschläge des Bundesrates ist im Hinblick auf die Vernehmlassungsvorlage deshalb unumgänglich. Die Trends sind zwar unübersehbar – und die Richtung der erforderlichen Massnahmen liegt auf der Hand, doch bleibt das System der Altersvorsorge langfristig auch mit vielen Unsicherheiten behaftet. Gemäss dem SAV-Direktor ist es deshalb wenig zielführend, alle möglichen Entwicklungen der nächsten 20 Jahre auf einen Schlag auffangen zu wollen – wie dies der Bundesrat mit einer happigen Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf Vorrat beabsichtigt.

Aus der Sicht des SAV sind bei der Reform der Altersvorsorge nun folgende Prioritäten zu setzen:

  • Bei der AHV steht die Flexibilisierung des Rentensystems mit mindestens einem ersten Schritt zur Anhebung des Referenz-Rentenalters auf 65 Jahre für alle (Männer und Frauen) im Vordergrund. Eine moderate Zusatzfinanzierung mittels einer Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt höchstens als Ultima Ratio in Frage – zur Deckung einer allenfalls verbleibenden, demografiebedingten Finanzierungslücke. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer müsste zudem rechtlich zwingend an die Erhöhung des Referenz-Rentenalters gekoppelt werden. Bei der 2. Säule hat die rasche Senkung des Mindestumwandlungssatzes Priorität – zusammen mit vertretbaren Kompensationsmassnahmen zur Erhaltung des Rentenniveaus.
  • Parallel dazu sollte eine Stabilisierungsregel geschaffen werden. Diese kann sicherstellen, dass die Politik rechtzeitig und mit geeigneten Massnahmen reagieren kann, wenn bei der AHV eine fi-nanzielle Schieflage droht. Diese Prioritäten sollten nach Ansicht von Roland A. Müller rasch vom Parlament behandelt werden – als Gesamtpaket mit zwei separaten Vorlagen. Der SAV erwartet deshalb, dass der Bundesrat nach der Vernehmlassung dem Parlament eine Botschaft mit zwei Kernvorlagen zur Beratung überweist, und zwar bis im Herbst 2014. Damit könnte die Volksabstimmung 2017 stattfinden – und die Massnahmen könnten ab 2019 schrittweise greifen, präzisierte Müller. Weitere Massnahmen, insbesonde-re auch zusätzliche leistungsseitige Korrekturen, sollten später folgen.

Sollte der Bundesrat aber daran festhalten, bei der Reform alle Vorschläge in eine einzige Vorlage zu packen und alles auf eine Karte zu setzen, dann droht er das Fuder zu überladen. Damit würde er zudem das Risiko eines Totalabsturzes in Kauf nehmen, erklärte Müller. Angesichts der strategischen Bedeutung der Reform für die Schweiz wäre ein solches Vorgehen nicht zu verantworten. Spätestens nach dem Vernehmlassungsverfahren werde der Bundesrat deshalb nicht darum herumkommen, seine Strategie im Sinne der vom SAV verlangten Priorisierung und Portionierung entsprechend zu überarbeiten.

Nein zu neuen Finanzierungslücken bei den Sozialwerken – Nein zur 1:12-Initiative!
Ausgerechnet in einer Zeit, in der ernsthaft über die Finanzierung der AHV diskutiert werden muss, soll nach Auffassung der Jungsozialisten auf ein massives Beitragsvolumen verzichtet werden. Denn die 1:12-Initiative wäre mit Ausfällen für die Sozialwerke verbunden, die gemäss Roland A. Müller in die Milliarden gehen könnten. Der SAV-Direktor verwies dabei auch auf folgende Fakten: Gemäss dem Bundesamt für Sozialversicherungen kommen 19 Prozent der Beitragszahlenden für 70 Prozent der Beiträge an die AHV auf. Allein die 7700 Personen mit den höchsten Einkommen bezahlen Beiträge von einer Milliarde Franken an die Sozialwerke. Gerade diese Einkommen wären direkt von der 1:12-Initiative betroffen. Diese sei deshalb auch mit Blick auf die Finanzierung der Sozialwerke verheerend, bilanzierte Müller. Das gelte auch für die IV, die nach wie vor hoch verschuldet und auf jeden Franken angewiesen sei. Die Zeche müssten letztlich alle Versicherten mit höheren Beiträgen oder höheren Steuern bezahlen. Der SAV lehnt die 1:12-Initiative – laut Müller ein «sozialpolitisches Eigentor» – auch aus diesem Grund entschieden ab.