Konzepte statt Subventionitis

7. November 2011 Meinungen

Gezielte Aus- und Weiterbildungen sind in der modernen Wirtschaft ein Muss. Dazu braucht es das Engagement von Unternehmen und Arbeitnehmenden – sowie klare Strategien. Der vorschnelle Ruf nach hohen Subventionen kann dagegen in die Irre führen.

Die Bevölkerung im Erwerbsalter wird schon in weniger als zehn Jahren nicht mehr wachsen, sondern stagnieren oder gar rückläufig sein. Dies wird die Unternehmen bei der Rekrutierung herausfordern. Für die Schweizer Wirtschaft ist es daher – neben offenen Arbeitsmärkten zum EU/Efta-Raum – zentral, die Potenziale im Inland voll auszuschöpfen. Der zunehmende Fachkräftemangel verstärkt die strategische Bedeutung der Aus- und Weiterbildung noch, die in der Schweiz schon ein hohes Niveau hat. Ein weiterer Ausbau erfordert angesichts knapper Ressourcen, dass Bildungsmassnahmen wirksam sind und neu erworbene Kompetenzen am Arbeitsplatz auch wirklich eingesetzt werden können. Bildungsmassnahmen müssen zudem berufsbegleitend möglich sowie zeit- und kosteneffizient sein.

Leerläufe verhindern
Damit Aus- und Weiterbildungsaktivitäten nach diesen Prinzipien umgesetzt werden können und Leerläufe in einem anbietergetriebenen Kurswesen verhindert werden, muss das System stärker an die Arbeitswelt gekoppelt werden. Die vielfältigen Bedürfnisse von Unternehmen und Arbeitnehmenden müssen im Zentrum der Bemühungen stehen.

Dabei spielen gut funktionierende Verbände, die sich für die Berufsbildung einsetzen, sowie das eigenständige finanzielle Engagement der Wirtschaft in der Aus- und Weiterbildung eine tragende Rolle. Aber auch die Ausbildungswilligen selber müssen einen Beitrag leisten. Und nicht zuletzt braucht es bei der Regelung der Rahmenbedingungen Freiräume, in denen unbürokratische und branchenspezifische Lösungen entstehen können.

Subventionsjäger in Stellung
Mit Blick auf ein eidgenössisches Weiterbildungsgesetz haben sich die subventionsorientierten Weiterbildungsanbieter und Interessengruppen bereits in Stellung gebracht – und staatliche Unterstützung eingefordert. Aber ist es wirklich nötig, mehr Geld vom Staat zu fordern? Gemäss verschiedenen Studien führen hohe Subventionsbeiträge nämlich kaum zu einer höheren Beteiligung an sinnvollen Aus- und Weiterbildungen. Zudem verdrängen sie privates und sozialpartnerschaftliches Engagement. Mit der Folge, dass das Einhalten von bürokratischen Subventionsregeln wichtiger wird als die Ausrichtung auf die Arbeitswelt.

Oder anders gesagt: Spätestens wenn die «Weiterbildungs-Szene» öfter nach Bundesbern statt zu ihren Kunden reist, hat die Wirtschaft als Auftraggeber ein strategisches Handlungsfeld aus der Hand gegeben.

Arbeitgeber müssen strategisch denken
Die Arbeitgeber und ihre Organisationen müssen deshalb strategisch denken, um ihre Interessen zu wahren. Von zentraler Bedeutung sind z. B. Entscheidungen über Zulassungen, Inhalt, Formen und Dauer von Aus- und Weiterbildungen. Diese Entscheidungen sind kostenrelevant und wirken sich auch darauf aus, ob genügend geeignete Personen angesprochen werden.

Wenn man zudem über Lohnsysteme starke Anreize zur Weiterbildung setzt, braucht man auch Gewissheit über die Qualität der Massnahmen. Die Arbeitgeber sollten ihre Handlungsspielräume und die vorhandenen Instrumente bei der Aus- und Weiterbildung proaktiv nutzen, um die vorhandenen Talente bestmöglich auszuschöpfen. Es ist richtig, dass der Bundesrat im geplanten Weiterbildungsgesetz keine Subventionstatbestände wünscht, sondern auf Systemoptimierung zielt. Ob er durchhält? Ende Jahr wissen wir mehr.