Höhere Berufsbildung – Ständerat muss Klippe umschiffen

9. September 2016 News

In der Herbstsession befasst sich der Ständerat mit dem Vorschlag des Bundesrats zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes. Folgt er einem scheinbar kleinen Änderungsantrag seiner Kommission, stellt das ein durchdachtes Konzept völlig auf den Kopf. Die unbestrittene Stärkung der höheren Berufsbildung wäre über Jahre hinaus blockiert.

Seit vielen Jahren fordern die Berufsbildungsakteure eine bessere öffentliche Finanzierung der höheren Berufsbildung. Die öffentliche Hand soll Kursabsolventen, die sich auf eidgenössische Prüfungen vorbereiten, finanziell besser unterstützen. Im Rahmen der BFI-Botschaft 2017-2020 sind denn auch die dazu nötigen finanziellen Mittel eingeplant. Die gesetzliche Voraussetzung, um diese Mittel überhaupt fair einsetzen zu können, müssen jedoch erst noch geschaffen werden. Bisher fand zwar teilweise eine finanzielle Förderung des Prüfungssystems statt. Diese gestaltete sich aber schwach und kantonal sehr unterschiedlich.

Das Konzept des Bundesrats sieht vor, Kursabsolventen, die sich auf eidgenössische Berufsprüfungen oder eidgenössische höhere Fachprüfungen vorbereiten, nach Abschluss der offiziellen Prüfung, unabhängig vom Erfolg, einen Teil der Vorbereitungskosten zurückzuerstatten. Das Modell hat der Bundesrat über drei Jahre hinweg mit den Partnern der Berufsbildung erarbeitet. Es ist einfach und durchdacht. Die Ständeratskommission möchte nun im Gesetz vorschreiben, die Unterstützungsbeiträge des Bundes mindestens einmal jährlich auszuzahlen. Diese scheinbar kleine Änderung im Auszahlungsmodus stellt die geplante subjektorientierte Finanzierung jedoch grundsätzlich in Frage. Wenn man Personen nicht erst an der offiziellen Prüfung erfassen und entschädigen kann, muss der Bund jene Kurse identifizieren, die er für die Vorbereitung auf eine der rund 400 eidgenössischen Prüfungen als zweckmässig erachtet. Das betrifft über 1000 meist private Kurse, die sich immer wieder ändern. Der Bund wird dann nicht umhin kommen, die Kurse zu reglementieren: Länge, Kosten, Inhalte, Qualifikation der Lehrpersonen. Das ist pure Bürokratie.

Noch verheerender: Man müsste auch jene Kursteilnehmer finanzieren, die nie eine Abschlussprüfung ablegen. Da weit mehr Leute Kurse besuchen, als solche, die auch effektiv einen Abschluss machen, würden die budgetierten Bundesmittel nicht ausreichen. Gelder würden wirkungslos im Kurswesen verpuffen. Das ist nicht im Sinne einer gezielten Förderung von anerkannten und arbeitsmarktrelevanten Abschlüssen. Die meisten Branchenausbildungen würden in diesem Szenario zudem schlechter gestellt als jetzt. Sollten mit dem neuen System in einzelnen Sektoren wider Erwarten Probleme auftauchen, etwa bei der Vorfinanzierung von Kursen, kann mit einem gesetzlich festgeschriebenen Auszahlungsmodus keine Abhilfe geschaffen werden. Hier wären gezielte Massnahmen auf Umsetzungsstufe gefragt.

Der Ständerat ist gut beraten, dem Entwurf des Bundesrats zu folgen und nicht seiner Kommission. Die kleine Änderung mag gut gemeint sein, ihre Wirkung aber ist fatal.