Fachkräftemangel: Demografie bleibt die grosse Herausforderung

26. Oktober 2017 News

Der Bericht des Bundesrats zur Fachkräfteinitiative zeigt, dass in den letzten Jahren das inländische Arbeitskräftepotenzial besser ausgeschöpft wurde. Besonders Frauen haben sich stärker am Arbeitsmarkt beteiligt. Die Alterung der Bevölkerung bleibt die grösste Herausforderung für den Arbeitsmarkt, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Sozialwerke.

Das Ziel der 2011 lancierten Fachkräfteinitiative (FKI) ist es, den Fachkräftemangel zu lindern und die Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften zu reduzieren. Der Bundesrat hat nun den zweiten Monitoringbericht zur Initiative veröffentlicht. Die ökonomische Analyse zeigt, dass in den letzten Jahren das inländische Potenzial tatsächlich besser ausgeschöpft wurde. Das Arbeitskräfteangebot ist zwischen 2010 und 2016 um 322‘777 Vollzeitstellen gestiegen. 118‘600 davon sind auf eine höhere Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, zurückzuführen. Den grossen Beitrag zur Erhöhung des Arbeitskräfteangebotes leistet jedoch die Zuwanderung (Bevölkerungseffekt).

Im zweiten Bericht rückt auch die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative (Art. 121a BV) den Arbeitsmarkt noch stärker in den Fokus. Die neu geschaffene Stellenmeldepflicht, die bei erhöhter Arbeitslosigkeit greift, sowie die FKI-Massnahmen bei Berufen mit Fachkräftemangel, werden als komplementär dargestellt. Die demografischen Herausforderungen der Schweiz bleiben bestehen und lassen auf eine rückläufige Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften schliessen. Das stellt eine ernstzunehmende Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft sowie eine zusätzliche Last für die Altersvorsorge dar.

Mit Blick auf die steigende Nachfrage nach qualifizierter Arbeit und auf die Alterung der Bevölkerung gewinnen Massnahmen zur besseren Ausschöpfung inländischer Arbeitskräftepotenziale im Sinne der FKI somit zusätzlich an Bedeutung. Allerdings sind weitere Verbesserungen mit hohen Kosten verbunden, da die Schweiz sowohl eine sehr hohe Erwerbsquote als auch eine sehr tiefe Arbeitslosigkeit aufweist. Bund, Kantone und Sozialpartner bleiben daher gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen in Bildungs- und Arbeitsmarkt sowie Anreize im System der sozialen Sicherheit zu schaffen. Aber auch was die Sensibilisierung – etwa über Fachkräfte Schweiz – und die Koordination der Aktivitäten angeht, stehen sie in der Verantwortung.

Letztlich sind aber in einem liberalen und offenen Arbeitsmarkt sowie in einer föderalen Staatsordnung die einzelnen Unternehmen und die Individuen selbst gefordert, eigenständig zu handeln und flexibel auf sozioökonomische Entwicklungen zu reagieren. Wie erfolgreich und vielversprechend etwa eine private Initiative sein kann, beweisen die Akteure der beruflichen Eingliederung mit ihrer freiwilligen Zusammenarbeit über den Verein Compasso. So konnten dank der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Invalidenversicherung seit 2012 rund 94’000 Personen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung ihre Arbeitsstelle behalten oder eine neue Stelle finden. Auch die Sozialpartner können in ihrem Zuständigkeitsbereich Einfluss nehmen. Dieses Schweizer Erfolgsprinzip beschränkt naturgemäss und zu Recht die Rolle der Politik und der öffentlichen Hand auf dem Arbeitsmarkt.