Die Berufsbildung bietet gute Rahmenbedingungen

18. Juni 2012 Meinungen

Die schweizerische Berufsbildung bietet grundsätzlich sehr gute Rahmenbedingungen für eine – betriebswirtschaftlich betrachtet – lohnende Ausbildung von Lehrlingen. Dies belegt eine soeben erschienene Studie. Lehrbetriebe bilden jedoch keineswegs zum kurzfristigen Profit aus, sondern primär um den Fachkräftenachwuchs sicherzustellen.

Die dritte Studie zu «Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung aus Sicht der Betriebe», welche die Forschungsstelle für Bildungsökonomie an der Universität Bern durchgeführt hat, bestätigt den volkswirtschaftlichen Nutzen der Lehrlingsausbildung.

Ausbildungsauslagen werden reduziert
Die Studie zeigt, dass aus den Bruttokosten in der Höhe von 5,4 Mrd. Franken und den produktiven Leistungen der Lernenden von 5,8 Mrd. Franken  sich für die Betriebe ein Nettonutzen von rund einer halben Milliarde Franken ergibt. Rund zwei Drittel der Ausbildungsverhältnisse in der Schweiz schliessen aus Sicht der ausbildenden Betriebe mit einem Nettonutzen ab.

Bei dem einen Drittel der beruflichen Grundbildungen, die nach Beendigung des Lehrverhältnisses Nettokosten aufweisen, decken zumeist kurz- und mittelfristige Erträge wie Einsparung von Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten die Ausbildungsauslagen.

Unterschiede bei den Berufen
Je nach Beruf, Organisation und Dauer des Lehrverhältnisses variiert der Nettonutzen der Lehrberufe. Ausbildungen zum Beispiel zum Elektroninstallateur, Zimmermann, zur Dentalassistentin oder Malerin weisen für die Betriebe relativ hohe Nettonutzen auf. Beim größten Berufsfeld der kaufmännischen Grundbildung halten sich die Kosten und der Nutzen während der Lehrzeit im Durchschnitt etwa die Waage.

Auffallend ist, dass die Finanzindustrie kostenintensiver ausbildet bzw. besondere Investitionen in die Ausbildung ihrer Lernenden tätigt. Berufe wie Polymechaniker oder Elektroniker verlangen von den Firmen hohe Investitionen während der Lehrzeit. Die meisten dieser Betriebe können  jedoch ihre Investitionen recht kurzfristig amortisieren, da sie wie erwähnt durch die Lehrlingsausbildung auf teure Rekrutierungen auf dem externen Arbeitsmarkt und die Einarbeitung verzichten können.

Langfristige Investitionen von volkswirtschaftlichem Nutzen
Es wäre falsch, die Studie so zu interpretieren, dass es den Betrieben lediglich um  den Profit geht, an den eine lernende Person während der Lehre mit produktiver Arbeit beiträgt. Solche Firmen hätten kaum Erfolg mit Ausbildungen und bald Mühe, talentierte Jugendliche für sich zu gewinnen.

Wichtig an den Ergebnissen der Studie ist, dass erstens die privatwirtschaftlichen Investitionen der Betriebe von über 5 Mrd. Franken sichtbar werden – für diesen Betrag müsste sonst die öffentliche Hand aufkommen. Zweitens lassen sich damit Erkenntnisse über das Ausbildungsverhalten der Betriebe gewinnen, welche bei Reformen oder Gesetzesänderungen berücksichtigt werden können. Drittens ist es evident, dass gerade Unternehmensspitzen, die wenig mit den Schweizer Verhältnissen vertraut sind, auch mit betriebswirtschaftlichen Argumenten zu Gunsten der Lehrlingsausbildung überzeugt werden können.

Der Lehrstellenmarkt funktioniert nur dann, wenn er allen Beteiligten einen Nutzen bringt: den Lernenden, den Betrieben und auch der gesamten Gesellschaft, die ja mit Steuern diese Ausbildungen unterstützt.