Zuwanderung: Wirtschaft fordert Schutzklausel

8. Januar 2015 Medienmitteilungen

Die Spitzenverbände der Schweizer Wirtschaft schlagen ein dreiteiliges Modell zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative vor. Für die Zuwanderung aus EU- und EFTA-Staaten befürworten sie die Einführung einer Schutzklausel. Zudem wollen sie durch die konsequentere Nutzung des inländischen Arbeitskräftepotenzials die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften senken. Doch auch der Staat muss seinen Teil dazu beitragen: Der rasante Zuwachs von Stellen in staatlichen Institutionen und staatsnahen Betrieben soll gestoppt werden.

Die Umsetzung der Initiative «gegen Masseneinwanderung» wird eines jener Themen sein, das die Schweiz 2015 massgeblich beschäftigt. Heute haben Spitzenverbände der Schweizer Wirtschaft in Zürich dargelegt, welche politischen Massnahmen nötig sind, um den neuen Verfassungsbestimmungen ohne Gefährdung des Wohlstands Geltung zu verschaffen. «Politik und Wirtschaft haben verstanden: Die Bevölkerung will eine spürbare Reduktion der Zuwanderung», betonte economiesuisse-Präsident Heinz Karrer vor den Medien. Das wuchtige Nein zur Ecopop-Initiative habe aber auch verdeutlicht, dass sich die Stimmberechtigten kein enges Korsett wünschen, das der Wirtschaft die Luft abschnüren würde. Starre Quoten oder eine Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU seien deshalb keine Option. Stattdessen schlägt die Schweizer Wirtschaft ein Umsetzungsmodell mit drei Säulen vor.

Globalkontingent auf Verordnungsstufe
Als erstes Element befürwortet die Wirtschaft die Einführung eines Schutzklausel-Modells. Bis zu einer noch festzulegenden Obergrenze soll weiterhin die volle Personenfreizügigkeit mit den EU- und EFTA-Staaten gelten. Dazu soll der Bundesrat auf Verordnungsstufe ein sogenanntes Globalkontingent festlegen, das jeweils angepasst werden kann. Ist dieses ausgeschöpft, wird die Einwanderung von Arbeitskräften vorübergehend kontingentiert. Ein solches Modell könnte den Weg ebnen zu einer Einigung mit der EU und einer Rettung der bilateralen Verträge, betonte Swissmem-Präsident Hans Hess. Denn starre Kontingente und Inländervorrang seien mit der Personenfreizügigkeit nicht vereinbar. «Hingegen dürfte ein Schweizer Migrationsmodell bessere Chancen haben, wenn es auf Regeln zurückgreift, die in der EU bereits bekannt sind.» Schutzklauseln in Staatsverträgen seien ein weit verbreitetes Instrument. Die Wirtschaft fordert deshalb, dass auch der Bundesrat in der Gesetzgebung zur Masseneinwanderungsinitiative auf diese Karte setzt.

Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften senken
Der zweite Teil des Umsetzungsmodells betrifft die Unternehmen direkt. Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, will am Prinzip einer flexiblen Zuwanderungspolitik festhalten. Gleichzeitig werde die Wirtschaft aber mit konkreten Massnahmen dazu beitragen, die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften spürbar zu senken. Im Vordergrund steht dabei die bessere Nutzung des inländischen Potenzials, wie es auch die Fachkräfteinitiative des Bundes zum Ziel hat. «Viele Massnahmen wurden in den letzten Jahren seitens der Wirtschaft lanciert und werden in diesem Jahr weiter intensiviert», erklärte Vogt und kündigte für den 21. Januar eine weitere Medienkonferenz an, an der über diese Schritte informiert werden soll.

Enormes Stellenwachstum beim Staat
Die Wirtschaftsverbände betonen aber, dass als drittes Element auch der Staat eine entscheidende Rolle spiele. Die öffentliche Hand ist ein bedeutender Arbeitgeber: Per Ende 2013 beschäftigte sie in der Schweiz 1,04 Millionen Angestellte. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat die Beschäftigung in staatlichen oder staatsnahen Betrieben um 40 Prozent zugenommen, während sie im gesamten Arbeitsmarkt um lediglich 17 Prozent angestiegen ist. Damit ist auch der Staat für einen grossen Teil der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt verantwortlich. Aus Sicht der Wirtschaft ist es problematisch, wenn bei einer Beschränkung der Zuwanderung der Staat den Privatunternehmen die knappen Kontingente streitig macht. «Ein Beitrag zur Lösung des Problems wäre ein Nullwachstum der Stellen im Staatssektor», erklärte Gottlieb A. Keller, Präsident von scienceindustries. Neue staatliche Arbeitsplätze sollen nur noch in Bereichen geschaffen werden, die der Ausbildung dienen oder «produktive» Leistungen erbringen. Dies gelte auch für die Kantone und Gemeinden.

Die Präsidenten der Wirtschaftsverbände betonten, dass nur durch gemeinsame Anstrengungen von Staat und Wirtschaft die Zuwanderung nachhaltig reduziert werden könne, ohne den Wohlstand der Schweiz aufs Spiel zu setzen. Im Idealfall ist man damit so erfolgreich, dass eine Schutzklausel für die Einwanderung aus den EU-Ländern gar nie aktiviert werden müsste.

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