Plädoyer für Freiheit und Effizienz

3. November 2014 Meinungen

Flexible Arbeitsmärkte sind die Essenz einer funktionierenden Volkswirtschaft. Doch heute werden ständig neue gesellschaftliche Bedürfnisse auf die Arbeitswelt projiziert – zum Nachteil von unternehmerischer Freiheit und Effizienz.

Schauen wir uns die Entwicklung des Schweizer Arbeitsmarkts an. Es wird kräftig reguliert! Jüngst hat es die NZZ nachgerechnet: Der Anteil der Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von GAV stieg in den letzten 10 Jahren massiv an; von 31 der 579 GAV auf über 12 Prozent aller Verträge. Auch die inhaltliche Dichte, was alles in einem GAV geregelt wird, hat sich enorm erhöht. Bis ins kleinste Detail werden heute Feinheiten bestimmt. Die NZZ schreibt süffisant: «Böse Zungen behaupten, man wisse in manchen Branchen bereits nicht mehr, was im Rahmen von GAV-Verhandlungen künftig überhaupt noch geregelt werden könne.»

Es ist eigentlich eine Binsenweisheit: Flexible Arbeitsmärkte sind die Essenz einer funktionierenden Volkswirtschaft. Verfolgt man heute die politischen Diskussionen, scheint diese Wahrheit aber vergessen zu sein. Schwerste Brocken werden diskutiert und scheinen mehrheitsfähig: Kontingente für Ausländer, Inländervorrang, Chef-Quoten für Frauen, Teilzeit-Quoten für Männer, gesundheitliche Prophylaxe am Arbeitsplatz – ein Jekami der Wünsche, die ein Arbeitgeber zu erfüllen hat; Papa soll es richten.

Mag sein, dass bestimmte gesellschaftliche Forderungen ihre Berechtigung haben: Sie treffen jedoch die unternehmerische Freiheit im Kern. Wir haben eine zunehmende Tendenz, gesellschaftliche Bedürfnisse auf die Arbeitswelt zu projizieren. Dass dabei die freiheitliche Entfaltung und mögliche Effizienzziele auf der Strecke bleiben, wird in einer Welt von atomisierten Interessen schlicht verkannt. Als würde das eine Rolle spielen!

Nun ja: Effizienz und Freiheit sind seit dem Lehman-Crash in Verruf geraten. Mit der Leugnung dieser Begriffe scheinen etliche aber auch ihren politischen Kompass verloren zu haben. Selbst in den (Sozial-)Wissenschaften: Alte Glaubensgrundsätze wurden im Mark erschüttert – was per se nicht schlecht sein muss. Übrig geblieben ist aber ein Mosaik an Partikularerkenntnissen, die in der Summe kein Bild mehr ergeben. Das bietet Platz für Opportunismus: Wer ohne den Blick fürs Ganze politisiert, muss sich nicht wundern, wenn ein Ungeheuer entsteht.

Doch zurück zum Arbeitsmarkt: Flexibilität ist das entscheidende Erfolgsgeheimnis der Schweiz. Ein Blick zu unseren Nachbarn genügt, um die Konsequenzen rigider Arbeitswelten zu erkennen. Bestraft werden primär die Benachteiligten einer Gesellschaft. Aber wer denkt schon so weit? Es geht nicht nur um die Anpassungsfähigkeit. Es geht um die Innovationskraft der Schweiz, die erst durch freiheitliches Handeln resultiert.

Die Politik muss gesellschaftliche Ziele umsetzen, das ist wichtig. Sie muss aber auch den Adressaten kennen, den sie mit ihren Forderungen belästigt. Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, könnte man sagen. Digitalisierung, Technisierung und Transparenz haben unsere Welt nicht einfacher gemacht. Doch eine geschützte Werkstatt zu schaffen, kann keine Lösung sein; zumal diese nicht nachhaltig wäre. Fast hat man das Gefühl, als sei dem einzelnen Bürger heute nichts mehr zuzutrauen. Eine Bevormundung sondergleichen. Schuld sind immer die anderen. Und Papa Wirtschaft soll’s richten. Bis der keine Lust mehr hat.