«Es gibt grosse Zweifel, dass Einheitslösungen der richtige Weg sind»

Die Arbeitgeber haben ein Interesse daran, Mitarbeitende frühzeitig zu unterstützen, die neben der Erwerbstätigkeit Angehörige betreuen. Was in solchen Situationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden gefordert ist und welche Entlastungsmassnahmen angezeigt sind, darüber debattieren im Magazin «Spectra» des Bundesamts für Gesundheit Daniella Lützelschwab vom Schweizerischen Arbeitgeberverband und Valérie Borioli Sandoz von Travailsuisse.

Immer mehr Menschen werden immer älter und wollen möglichst lange zuhause leben – auch wenn sie hilfsbedürftig werden. Dadurch werden in Zukunft auch immer mehr Menschen im Erwerbsalter Angehörige haben, die sie neben ihrer eigentlichen Arbeitstätigkeit zumindest teilweise betreuen. Die Arbeitgeber haben ein Interesse, ihre Mitarbeitenden in dieser Situation frühzeitig zu unterstützen. Daniella Lützelschwab gibt jedoch zu bedenken, dass die grosse Mehrheit der Klein- und Kleinstunternehmen in der Schweiz nicht die gleichen Möglichkeiten wie grosse Unternehmen haben, eine kurzfristige Stellvertretung zu organisieren und die entsprechenden Kosten zu tragen.

Ausserdem ist das Ausmass des Betreuungsbedarfs entscheidend: «Geht es darum, dem Vater jeweils am Morgen beim Aufstehen zu helfen, oder darum, eine demente Person mehrere Tage pro Woche zu begleiten?», fragt Daniella Lützelschwab. Im betrieblichen Einzelfall müsse deshalb die konkrete Situation diskutiert werden. Dabei ist der Einbezug aller betroffenen Mitarbeitenden zentral – auch der Arbeitskollegen, die allenfalls einspringen müssen. Auch sie sollten Verständnis für die Situation aufbringen und nicht das Gefühl haben, dass die Zusatzbelastung einseitig zu ihren Ungunsten verteilt wird.

Beim Führungspersonal in den Unternehmen muss das Verständnis für die Problematik vorhanden sein, es liegt aber an den Arbeitnehmenden, sie gegebenenfalls offen anzusprechen. Dabei kann man erwarten, dass die Verantwortlichen ihre Sorgen ernstnehmen und bei der Lösungsfindung mithelfen. «Diese Lösung muss aber auch für den Betrieb passen und das ist nicht für jeden Betrieb die gleiche», hält Daniella Lützelschwab fest. Grosse Zweifel bestünden deshalb gegenüber einer einheitlichen gesetzlichen Verpflichtung für alle Unternehmen und alle möglichen Betreuungsfälle, wie sie der Bundesrat in seinem Aktionsplan vorgeschlagen hat.

Das Interview mit Daniella Lützelschwab und Valérie Borioli Sandoz ist in der Zeitschrift «Spectra» erschienen und in voller Länge auf Spectra Online verfügbar.