Bedarfsgerechte Zuwanderung begünstigt den strukturellen Wandel der Schweizer Wirtschaft

1. Juli 2019 News

Der 15. Bericht des Observatoriums des Bundesamts für Wirtschaft Seco zeigt, dass der Schweizer Arbeitsmarkt Zuwanderer erfolgreich integriert. Arbeitgeber profitieren sowohl aufgrund der demografischen Herausforderungen als auch aufgrund des sich wandelnden wirtschaftlichen Umfelds vom Know-how der ausländischen Fachkräfte.

Der 15. Observatoriumsbericht zeigt das nahezu symbiotische Ineinandergreifen des Bedarfs des Schweizer Arbeitsmarkts nach Fachkräften und der Zuwanderung als Folge des Personenfreizügigkeitsabkommens (FZA) mit der Europäischen Union. Der Bericht belegt auch die Bemühungen der Schweizer Arbeitgeber, das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. «Der demografische Wandel und die mit der Digitalisierung zunehmenden Anforderungen an die Arbeitskräfte stellen die Schweizer Wirtschaft bei der Stellenbesetzung vor Herausforderungen», räumte Roland Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), anlässlich des Point de Presse ein. Deshalb seien die Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials richtig, die der Bundesrat unlängst vorgestellt hatte. «Wichtig bleibt für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen aber auch der Zugang zu Know-how und damit Fachkräften aus EU-/EFTA- sowie Drittstaaten», ergänzte der SAV-Direktor und verwies auf die Bedeutung der Personenfreizügigkeit für die Schweizer Wirtschaft zur Bewältigung dieses Strukturwandels: «Mit der nun aktuellen Begrenzungsinitiative steht jedoch ein brandgefährliches Politikum im Raum, das die Personenfreizügigkeit bedingungslos kündigen möchte und die Beziehungen zur Europäischen Union gefährdet.»

Der Seco-Bericht fördert gesamtschweizerisch keine grösseren Unterschiede bei Löhnen zwischen FZA-Zuwanderern und Einheimischen zutage. Er zeigt, vielmehr, dass das Lohnwachstum in der Schweiz in den letzten Jahren über alle Branchen der Lohnverteilung ausgeglichen erfolgte.

Der Observatoriumsbericht bestätigt die Einschätzung der Arbeitgeber, dass von der Zuwanderung der letzten Jahre kein signifikanter Lohndruck ausging. Dies ist sowohl auf die Schutzmassnahmen der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch die Flankierenden Massnahmen (FlaM) als auch auf die höheren Qualifizierungen im Schweizer Arbeitsmarkt zurückzuführen.

Fakten aus dem 15. Observatoriumsbericht

  • Das Stellenwachstum in der Schweizer Wirtschaft blieb auf einem beachtlichen Niveau: Seit 2010 wurden beinahe 600’000 zusätzliche Stellen geschaffen.
  • 2018 betrug die Nettozuwanderung etwas über 30’000 Personen, wodurch sie erstmals nach Jahren des Rückgangs konstant im Vergleich zum Vorjahr verlief.
  • Zwei Drittel der Zuwanderer waren zwischen 18 und 41 Jahre alt.
  • Die Erwerbslosenquote lag in der Schweiz 2018 bei 4,7 Prozent. Die höchsten Erwerbslosenquoten unter den EU28-/EFTA-Zuwanderern hatten portugiesische, französische und italienische Personen, deren Quote im Vergleich zu Schweizern und Zuwanderern aus Deutschland überdurchschnittlich hoch war. Seit 2017 entwickelten sich die jeweiligen Erwerbslosenquoten in ähnlichem Ausmass zurück.
  • Das Lohnwachstum fiel zwischen 2002 und 2016 entsprechend gleichmässig aus, wobei Löhne am oberen und unteren Rand überdurchschnittlich stark anstiegen.
  • Der Tieflohnanteil blieb über den erwähnten Zeitraum ziemlich konstant, was sowohl mit den Schutzmassnahmen der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch die FlaM als auch mit den höheren Qualifizierungen im Schweizer Arbeitsmarkt begründet werden kann.
  • Das FZA tangierte die Regionen der Schweiz in unterschiedlichem Ausmass. Die Zahlen zeigen, dass von den Grenzgängern 55% ihren Wohnsitz in Frankreich, 22 % in Italien, 19 % in Deutschland, 3 % in Österreich und 1% in anderen EU-/EFTA-Staaten hatten.
  • Das Tessin nahm bei den Grenzgängern eine Sonderstellung ein. Sie machten im Jahr  2018 mit einem Beschäftigungsanteil  von 27,5 % einen wesentlichen Anteil des lokalen Arbeitsmarkts aus.
  • Die Entwicklung der Löhne von Schweizer Erwerbstätigen war in der Westschweiz von 2002 bis 2006 am stärksten.
  • Bei der IV führte das FZA zu keiner Zunahme der Rentenbezüge. Die Rentenzuwachsrate war bei EU28-/EFTA-Staatsangehörigen in stärkerem Mass rückläufig als bei Schweizern.
  • Bei den Ergänzungsleistungen waren nicht nur die Zuwachsraten der EU28-/EFTA-Staatsbürger seit 2010 tiefer als bei Schweizern, seit 2016 sank auch die Zahl der EL-Bezüger.
  • Bei der Arbeitslosenversicherung waren die EU28-/EFTA-Staatsangehörigen mit Ausnahme von Personen aus Deutschland Nettobezüger.