Mit dem liberalen und offenen Arbeitsmarkt auf Wachstumskurs

22. Juni 2012 Medienmitteilungen

Die schweizerische Wirtschaft präsentiert sich erfreulich dynamisch. Doch der Druck auf die Exportbranchen wächst, und die externen Risiken für einen Rückschlag bleiben bestehen. Die Schweiz muss deshalb ihre Stärken pflegen: den liberalen Arbeitsmarkt, den freien Personenverkehr mit der EU und eine verlässliche Geldpolitik. Das bekräftigte Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, am «ARBEITGEBERTAG 2012» in Bern. Als Gastreferent trat Bundesrat Alain Berset auf, der die Balance zwischen Wirtschaft und Sozialstaat thematisierte.

Die Schweizer Wirtschaft steht im internationalen Vergleich gut da: Das Bruttoinlandprodukt ist 2011 und im ersten Quartal 2012 unerwartet stark gewachsen, die Erwerbsbeteiligung nimmt weiter zu und die Arbeitslosenquote verharrt mit 3% auf sehr tiefem Niveau – vor allem auch bei den Jungen. Trotzdem sind die Risiken wegen der Krisen im Euro-Raum nach wie vor gross, wie Valentin Vogt in seiner Standortbestimmung festhielt. Dies gilt besonders für die Exportwirtschaft, die währungsbedingt stark unter Druck ist. Für den Präsidenten des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) ist es daher zwingend, dass der Mindestkurs von 1.20 Franken zum Euro verteidigt wird. Er warnte davor, die Strategie der Nationalbank in Frage zu stellen. Die Wirtschaft sei auf  Planungssicherheit angewiesen, sonst drohe ein «Vertrauensverlust mit verheerenden Folgen».

Die erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik fortsetzen
Ins Zentrum seiner Rede stellte Vogt die Bedeutung des Arbeitsmarktes: Die Schweiz verdanke ihre «Position der Stärke» der Performance und Integrationskraft des liberalen und offenen Arbeitsmarktes, betonte er. Dieser sei entscheidend für die hohe Erwerbsbeteiligung sowie die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen. Weil eine gute Beschäftigungspolitik auch die Basis für eine solide Sozialpolitik sei, räume der SAV der Arbeitsmarktpolitik strategische Priorität ein. Dabei stehen folgende Ziele im Vordergrund:

  • Die liberale Ordnung des Arbeitsmarktes muss erhalten bleiben: Sie stärkt die unternehmerische Freiheit sowie die Eigenverantwortung und schafft für die Wirtschaft die nötigen Spielräume, um sich auch auf der Beschäftigungsseite den Entwicklungen des Marktes anzupassen. Diese Anpassungsfähigkeit geht nicht etwa auf Kosten der Arbeitnehmenden: Die Durchschnittslöhne in der Schweiz sind klar höher als in den EU-15- und OECD-Staaten, und Arbeitsmarkt-Risiken werden mit einer leistungsfähigen Arbeitslosenversicherung abgedeckt.
  • Die Sozialpartnerschaft muss gestärkt werden: Sie ermöglicht einen praxisorientieren Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen sowie Arbeitsbedingungen, die auf die einzelnen Branchen und Firmen abgestimmt sind. Sie ist die Basis für den Arbeitsfrieden, der zum Gütesiegel der Schweiz geworden ist und massgeblich zur Stabilität des Landes beiträgt.
  • Die ausgewogene Mischung zwischen Berufs- und Hochschulbildung darf nicht zugunsten einer Akademisierung aufgegeben werden: Das Schweizer System mit dem hohen Stellenwert der Berufslehren trägt dazu bei, die Wirtschaft auf allen Stufen effizient mit qualifizierten Berufsleuten und Talenten zu versorgen. Es ist zudem massgeblich für die hohe Erwerbsquote und die tiefe Jugendarbeitslosigkeit verantwortlich.
  • Die Arbeitsmarkt-Öffnung zur EU/EFTA und die Möglichkeit der Beschäftigung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten muss erhalten bleiben: Die Schweizer Unternehmen bleiben auch dann auf Rekrutierungsmöglichkeiten im Ausland angewiesen, wenn das Potenzial im Inland optimal ausgeschöpft wird. Die Bilanz der Personenfreizügigkeit mit der EU/EFTA ist eindeutig positiv, auch für die Sozialwerke.

Gegen Angriffe auf die Personenfreizügigkeit und die Lohnfreiheit
Vogt sieht im Schweizer Arbeitsmarkt ein Erfolgsmodell, von dem die Arbeitnehmenden und die Gesellschaft genauso profitieren wie die Arbeitgeber. Der SAV wende sich deshalb gegen alle Vorstösse, welche auf neue Arbeitsmarktregulierungen zielen – und positioniere sich in diesem Sinne zu drei wichtigen Geschäften auf der politischen Agenda:

  • Der SAV lehnt Angriffe auf die Personenfreizügigkeit sowie die Zuwanderungs-Initiative der SVP entschieden ab und warnt davor, die bilateralen Verträge mit der EU aufs Spiel zu setzen.
  • Der SAV bekämpft die 1:12-Initiative der Jungsozialisten und die Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbundes vehement, weil diese Arbeitsplätze bedrohen und die Vertragsautonomie der Arbeitgeber, die Gestaltungsfreiheit der Sozialpartner und die  dezentrale Lohnfindung gefährden.

Gegen Niedriglöhne, für Verantwortung
Der Arbeitgeberpräsident stellte klar, dass der SAV keinesfalls eine «Niedriglohn-Strategie» verfolge: «Wir wollen auch nicht, dass Unternehmen mit Verweis auf Sozialleistungen ungerechtfertigt tiefe Löhne zahlen.» Gesetzliche Mindestlöhne erhöhten aber den Leistungsdruck und gefährdeten Arbeitsplätze: «Darunter würden gerade qualifikations- und leistungsschwächere Personen leiden, die angeblich mit Mindestlöhnen geschützt werden sollen.»

Schliesslich forderte Vogt die Führungsverantwortlichen der Wirtschaft auf, die Kritik und die Sorgen der Bevölkerung – etwa wegen der Zuwanderung oder den Folgen des Wachstums – ernst zu nehmen. Die Arbeitgeber müssten den Begriff der «Verantwortung» so wörtlich nehmen, dass sie auf Fragen zu ihrem Verhalten und zu ihren Entscheidungen auch glaubwürdige Antworten geben könnten. Nur so könne das angeschlagene Vertrauen gegenüber der Wirtschaft wieder gestärkt werden.

Gastreferat von Bundesrat Alain Berset
Als Gastreferent trat am «Arbeitgebertag» Bundesrat Alain Berset auf. Er hielt in seiner Rede fest: «Was gut ist für die Schweizer Gesellschaft, ist auch gut für die Schweizer Wirtschaft.» Die Schweiz verstehe es wie kaum ein anderes Land, eine Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit und sozialem Zusammenhalt zu finden und zu halten: «Das ist die wahre helvetische Zauberformel.» Im Sinne dieser Balance müssten wir auch unsere Sozialversicherungen an veränderte gesellschaftliche Gegebenheiten anpassen. Wer diese reformieren wolle, der müsse behutsam vorgehen und ausgewogene Lösungen präsentieren. «Der Sozialstaat ist innerhalb der Wertschöpfungskette der Unternehmen ein wichtiges, aber oft übersehenes Glied», sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern.

Neue Vorstandsmitglieder
An seiner Mitgliederversammlung am 22. Juni 2012 hat der Schweizerische Arbeitgeberverband folgende neun Personen neu in den Vorstand gewählt: Ständerätin Karin Keller-Sutter, Max Fritz (Arbeitgeberverband Schweizerischer Papier-Industrieller), Barend Fruithof (Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz), Markus Jordi (SBB), Philip Mosimann (Swissmem), Giulio Pè (Schweizer Buchhändler-und Verleger-Verband), Martin Reichle (Vereinigung Zürcherischer Arbeitgeberorganisationen), François Thoenen (Swiss Cigarette) und Hans C. Werner (Swisscom).